Gänse sind keine gewöhnlichen Wasservögel. Sie werden besungen und beschrieben, im alten Rom wurden sie sogar als heilige Tiere der Göttermutter Juno in ihrem Tempel gehalten. Sie galten als Retter Roms, den in der Frühzeit der Ewigen Stadt haben die Gänse durch lautes Geschnatter die schlafenden Römer vor angreifenden Feinden gewarnt. Auch der heilige Martin von Tours entkam dank der Gänse nicht seinem Schicksal.
Er war zum Bischof gewählt worden, sah sich diesem hohen Amt aber als nicht würdig genug und versteckte sich im Gänsestall – doch dessen Bewohner schnatterten so laut, das der Heilige rasch entdeckt wurde. Deswegen speist man noch heute mit Begeisterung die Martinigänse.
Gänse sind keine gewöhnlichen Wasservögel. Sie werden besungen, beschrieben und sogar als heilig gehalten.
Als Campus anseris, als Gänsefeld, wird schon im Jahre 1114 die Gegend von Gänserndorf in einer Urkunde im Stiftsarchiv von Klosterneuburg bezeichnet. In dem sumpfigen Gelände des Weidenbachs sollen Gänseherden geweidet haben, die und von „Gänsetreibern“ als Hirten bewacht wurden. So findet man den Ort bald als „Genstribendorf“ in Dokumenten, samt dem Kleinadeligen Engelbrecht von Genstribendorf, der 1136 genannt wird. Der Name Gänserndorf setzt sich ab dem Spätmittelalter durch und das weiße Wappentier des Ortes beflügelt bis heute Identität und Fantasie seiner Bewohner und Bewohnerinnen.
Im 19. Jahrhundert entdeckten die Gänserndorfer die Chancen, die das neue Verkehrsmittel Eisenbahn eröffnete. Damals war es nur ein Dorf im Schatten älterer und größerer Städte und Märkte, doch mit Ankunft der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn begann der rasche Aufstieg von Gänserndorf. Bald war aus dem Dorf eine Marktgemeinde geworden, das Wachstum hielt an und als 1901 ein neuer Verwaltungsbezirk begründet wurde, entschied man sich für Gänserndorf als Bezirkshauptort. 1958 erfolgte die Erhebung zur Stadtgemeinde und dabei wurde auch ein Wappen verliehen. Selbstverständlich besann man sich dabei auf den Ortsnamen und wählte einen goldenen Gänsehirten auf blauem Grund der eine große silberne Gans treibt.
Gänse findet man überall in Gänserndorf, im großen Landschaftspark im Norden der Stadt lebt sogar eine Herde in einem großen Freigelände. Doch ähnlich wie in Berlin, wo man über die ganz Stadt verteilte „Buddy Bären“ findet, stehen in Gänserndorf von verschiedenen Kunstschaffenden und Institutionen gestaltete Gänse-Skulpturen aus glasfaserverstärktem Kunststoff.
Und seit 2022 führt ein fünf Kilometer langer Spazierweg, der „Gänsemarsch“, ausgehend vom Rathaus durch die Stadt zu insgesamt 19 Gänsesäulen, die per QR-Code spannende Geschichten zum Ort erzählen.
Autor: Günter Fuhrmann
Günter Fuhrmann stammt aus dem nördlichen Weinviertel. Er hat seine Leidenschaft für Geschichte zum Beruf gemacht und gestaltet Ausstellungen und Museen, schreibt Bücher und dreht Dokus. In der Nachfolge zur Niederösterreichischen Landessausstellung 2022 im Schloss Marchegg suchte er im Auftrag der Region Marchfeld nach Marchfeld Geheimnissen. Wir präsentieren Ihnen hier eine Auswahl davon.