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Holland im Marchfeld
Gemeinde Markgrafneusiedl - Holland im Marchfeld

Die Kirchenruine ist das Wahrzeichen von Markgrafneusiedl, sie findet sich im Gemeindewappen ebenso wie als Modell aus Natursteinen im Ortszentrum. Auf einem kleinen Hügel erhebt sich der imposante Bau aus großen, quaderförmigen Steinen, typisch für das 12. Jahrhundert.

Damals regierten noch Markgrafen entlang der Donau, erst 1156 wurde Österreich zum Herzogtum erhoben. Nach einem solchen Markgrafen ist auch der Ort benannt, 1120 taucht der Name erstmals auf.

Das Geheimnis von Markgrafneusiedls Turmruine.

Doch über den wuchtigen Mauern aus dem Mittelalter erhebt sich ein kreisrunder Turm, der nach oben zu immer schmaler wird. Ein Kegelstumpf, dem irgendwie die Spitze abhandenkam. 1817 war die Ruine aus dem Mittelalter von Joseph Danninger angekauft worden. Er war Verwalter des Gutes Rutzendorf, 6 Kilometer südlich von Markgrafneusiedl gelegen. Gemeinsam mit Paul Brölemann hatte er Bautechnik und Funktionsweisen der schon damals berühmten holländischen Windmühlen studiert, sie erhielten am 16. September 1817 von Kaiser Franz I. das ausschließliche Privileg, solche holländischen Windmühlen im Marchfeld zu bauen.

Dieses Privileg galt für 8 Jahre, wurde aber immer wieder verlängert. Noch 1860 wird Joseph Danninger als Privilegieninhaber für die Erfindung horizontaler Windmühlen und Windräder geführt, inzwischen alt geworden, lebte er damals allerdings schon in Wien.

Markgrafneusiedl - Ruine, Holland im Marchfeld © Briana Pfaffel

Vor allem die drehbare Spitze, in der das Windrad fixiert war, und die es so möglich machte, die Flügel der Windrichtung anzupassen, hatte es ihm angetan. Schon damals wurde auf den Mangel an Flüssen und Mühlbächen hingewiesen, die es verunmöglichten, hier Wassermühlen anzulegen. Danninger baute auf die Ruine aus dem Mittelalter einen konischen Turm mit einer großen, drehbaren Kuppel aus Holz auf der Spitze. Die von ihm erbaute Windmühle in Markgrafneusiedl wurde eine überregionale Berühmtheit. Seine „auf holländische Art erbaute Windmühle“ ließ er jedoch im Dezember 1860 versteigern, als Kaufpreis wurden gut 40.000 Gulden verlangt, ungefähr 700.000 Euro heutiger Währung.

Dem Käufer brachte die Mühle jedoch kein Glück, denn in der Silvesternacht des Jahres 1863 tobte ein heftiger Sturm über Markgrafneusiedl und riss die Flügel der Mühle aus ihrer Verankerung. Sie drehten sich derart rasch, dass durch die enorme Reibung ein Brand ausbrach, der die ganze Mühle einäscherte. Die Mühle wurde nie wieder aufgebaut, die Turmruine wurde, wie eine Zeitung 1900 schreibt, „zur Behausung der Nachteulen“.

In den dunklen Jahren des Zweiten Weltkrieges diente der Turm als Flugfeuer für den Wehrmachtsflugplatz Strasshof. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel gehört die Ruine heute der Gemeinde Markgrafneusiedl, die das Gebäude als lokale Attraktion wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.

Autor: Günter Fuhrmann

Günter Fuhrmann stammt aus dem nördlichen Weinviertel. Er hat seine Leidenschaft für Geschichte zum Beruf gemacht und gestaltet  Ausstellungen und Museen, schreibt Bücher und dreht Dokus. In der Nachfolge zur Niederösterreichischen Landessausstellung 2022 im Schloss Marchegg suchte er im Auftrag der Region Marchfeld nach Marchfeld Geheimnissen. Wir präsentieren Ihnen hier eine Auswahl davon.

Für weitere Informationen, besuche die Website vom Weinviertel-Tourismus.