Scroll Top
Die unbekannten Toten
Gemeinde Markgrafneusiedl- Die unbekannten Toten

Rund um die Pfarrkirchen St. Martin von Markgrafneusiedl liegt der Friedhof des Ortes. Einige beeindruckende barocke Grabsteine an der Außenmauer der Kirche zeugen vom Totenkult vergangener Zeiten.

Ein berührendes Monument an der Friedhofsmauer erinnert an ein schreckliches Brandunglück vom 28. November 1919. In der außerhalb des Ortes gelegenen „Samenzuchtgesellschaft Planta“ geschah eine der größten Katastrophen nach Ende des Ersten Weltkriegs, der damalige Staatssekretär für Inneres berichtete sogar im Parlament über diese Brandkatastrophe.

Aufgrund des Petroleummangels hatte der Partieführer in einer Arbeitsbaracke versucht, Benzin in eine Lampe einzufüllen, beim Entzünden explodierte diese jedoch. Da ein Holzblock den Ausgang der Baracke blockierte, war die Flucht aus dem Holzbau so gut wie unmöglich. Über 100 Erntearbeiter, überwiegend aus der Slowakei, schliefen in der Baracke, 55 gelangten nicht mehr ins Freie und verbrannten. Die Katastrophe schlug hohe Wellen nicht nur in der Presse, auch in der Politik. Im Nationalrat in Wien wurde daraufhin beschlossen, dieses Denkmal am Friedhof von Markgrafneusiedl zu errichten.

Geheimnisvolle Orte, die von bewegenden Schicksalen erzählen.

Unter der Kirche befindet sich eine weitere, besondere Gedenkstätte, die um die Jahrhundertwende als Ausflugsziel bekannt war. Denn die Gruft war mit tausenden Skeletten angefüllt und am Eingang befand sich eine fast drei Meter hohe Mauer aus aufgeschichteten Totenköpfen. Einige davon haben eine dunklere Farbe, dabei handelte es sich um Opfer der Schlacht bei Wagram im Juli 1809, die bis Markgrafneusiedl getobt und allein hier über 30.000 Tote gefordert hatte.

In Berichten aus dem 19. Jahrhundert wird von zahlreichen französischen Offizieren berichtet, die immer wieder auf Besuch in diese Gruft kamen. Doch um 1900 rätselte man in einer Zeitung, woher die anderen Opfer stammten. Denn der Großteil der Schädel war deutlich heller und musste daher aus einer anderen Zeit stammen. Heute ist die Gruft nicht mehr öffentlich zugänglich und nur eine Tafel an der Außenseite der Kirche erinnert an die dort ruhenden Überreste von tausenden Menschen.

Autor: Günter Fuhrmann

Günter Fuhrmann stammt aus dem nördlichen Weinviertel. Er hat seine Leidenschaft für Geschichte zum Beruf gemacht und gestaltet  Ausstellungen und Museen, schreibt Bücher und dreht Dokus. In der Nachfolge zur Niederösterreichischen Landessausstellung 2022 im Schloss Marchegg suchte er im Auftrag der Region Marchfeld nach Marchfeld Geheimnissen. Wir präsentieren Ihnen hier eine Auswahl davon.

Für weitere Informationen, besuche die Website vom Weinviertel-Tourismus.