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Die Pferde von Lassee
Marktgemeinde Lassee - Die Pferde von Lassee

1977 wurde der Marktgemeinde Lassee ein Gemeindewappen verliehen. Im unteren Teil die gekreuzten Schlüssel von Stift Melk, das seit 1411 die Pfarre betreut, eingerahmt von goldenen Ähren, Symbole der Landwirtschaft.

Doch der Oberteil zeigt einen schwarzen Pferdekopf, ein Verweis auf die außergewöhnliche Zuchttradition des Ortes.

Die Pferdezucht-Hofburg der Monarchie, mitten im Marchfeld.

Schon 1834 beschreibt Franz Xaver Schweickhardt in seiner legendären Darstellung des Erzherzogtums Österreichs unter der Enns die hohe Bedeutung der Pferdezucht von Lassee. Man holte sich Deckhengste aus den kaiserlichen Stallungen von Schlosshof, Mitte des 19. Jahrhunderts waren Lasseer Pferde wegen ihres Aussehens und ihrer Gesundheit in der ganzen Monarchie begehrt. Auch einer der vornehmsten Namen der Ringstraßen-Ära wurde auf den Ort aufmerksam. Baron Nathaniel Rothschild, ältester Sohn des Gründers des österreichischen Zweigs der berühmten Bankiersfamilie Rothschild, war in den 1880er Jahren ein begeisterter Förderer des Rennsports.

Er kaufte Ende des Jahrzehnts ein Gut in Schönfeld bei Lassee und ließ dort auf 50 Hektar die „Pferde-Trainir-Anstalt bei Schönfeld-Lassee“ errichten. Architekt war Josef Drexler, der kurz zuvor die durch einen Brand beschädigte Galopprennbahn Freudenau renoviert hatte. Seine Entwürfe begeisterten die Zeitgenossen derart, dass sie sogar in der „Allgemeinen Bauzeitung“ veröffentlicht wurden. Doch die großartigen Bauten hatten keinen Einfluss auf die Rennerfolge der Rothschild-Pferde. Nach nur wenigen Jahren verlor der Baron sein Interesse am Pferdesport und verkaufte 1896 die Anlage an Victor Mautner von Markhof.

Lassee - Markhof, Brandenstein - Die Pferde von Lassee © Briana Pfaffel

Die Mautner Markhofs waren eine der erfolgreichsten Unternehmerfamilien der Gründerzeit. Ihr Vermögen erwirtschafteten sie mit Brauereien. Ende des 19. Jahrhunderts besaßen sie die drittgrößte Brauerei Europas, dazu kam die Erzeugung von Presshefe und schließlich von Essig, Senf und Spirituosen, die noch heute zu den bekanntesten österreichischen Markenprodukten gehören.

Victor Mautner von Markhof war der zweite Sohn des Dynastiegründers Adolf Mautner. 1896 erbte er von seinem Vater den Familienbetrieb, doch seine Leidenschaft war die Pferdezucht. Dem neu erworbenen Gut bei Lassee gab er den Adelsnamen seiner Familie, Markhof. Nach wenigen Jahren zählten die Markhofer Pferde zu den erfolgreichsten im europäischen Rennbetrieb. Rund um das Gestüt entstand nicht nur eine gewaltige Rennbahn mit einer 1200 Meter langen Geraden, sondern auch eine prächtige Villa mit Park. 1912 war der Rennstall von Markhof der zweitgrößte in Österreich-Ungarn mit 58 Pferden und 30 Trainern!

1919 starb Victor Mautner von Markhof, sein Reitstall wurde vom Wiener Jockey-Club übernommen, doch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Zeit machten einen dauerhaften Betrieb unmöglich. 1931 wurde der Markhof verkauft, statt Pferden wurde dort nun Geflügel gezüchtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Teil des Markhofs, der südlich der Landesstraße 12 liegt, vom Wiener Trabrennverein erworben und dort erneut ein Rennstall etabliert. Die für Baron Rothschild und Ritter Mautner von Markhof errichteten Gebäude kaufte in den 1960er Jahren Familie Brandenstein, die dort ein Landgut einrichteten und die wertvolle Architektur sanierten.

In Lassee selbst gibt es noch heute mehrere Pferdehöfe und Reitställe. Die Tradition edler Rösser ist hier auch nach Jahrhunderten lebendig.

Video - Die Pferde von Lassee

Autor: Günter Fuhrmann

Günter Fuhrmann stammt aus dem nördlichen Weinviertel. Er hat seine Leidenschaft für Geschichte zum Beruf gemacht und gestaltet  Ausstellungen und Museen, schreibt Bücher und dreht Dokus. In der Nachfolge zur Niederösterreichischen Landessausstellung 2022 im Schloss Marchegg suchte er im Auftrag der Region Marchfeld nach Marchfeld Geheimnissen. Wir präsentieren Ihnen hier eine Auswahl davon.

Für weitere Informationen, besuche die Website vom Weinviertel-Tourismus.