Dort, wo die Ebene des Marchfelds am flachsten ist weil der Boden aus der Feuchte der Sümpfe und Wasserläufen der Donau gewonnen wurde, erhebt sich am Rande des Dorfes Kopfstetten ein kreisrunder Hügel. Darauf eine Kirche, die fast über den Bäumen schwebend scheint, so ungewöhnlich ist diese Erhebung hier im flachen Land.
Heute Kirchberg genannt, war der menschengemachte Hügel einst eine Burg, ein Hausberg wie man in Niederösterreich sagt. Vor 1.000 Jahren aufgeschüttet hat er das unglaubliche Volumen von 20.000 Kubikmetern was fast 30.000 Tonnen Erde entspricht. Der künstliche Berg von Kopfstetten ist nur um weniges kleiner als der zeitgleich entstandene Sockel des „Round Towers“ von Windsor Castle bei London.
Zeitgleich entstanden mit dem Round Tower von Windsor Castle bei London.
Aus der Ebene des Marchfelds erhebt sich am Rande von Kopfstetten der Kirchberg, ein kreisrunder Hügel bekrönt von einer barocken Landkirche. Die Anhöhe ist von Menschen gemacht, vor 1000 Jahren wurde sie aufgeschüttet zu einer Festung aus Erde und Palisaden. Lange verlandet ist der Donauarm, der im Westen den Hügel schützte, die Vorwerke der dreiteiligen Anlage sind heute nur noch dem Kennerauge sichtlich, in einem davon befindet sich heute der Friedhof.
In ganz Europa finden sich solche frühe Burgen aus Erde. Sie werden „Motte“ genannt, vom französischen Wort für Klumpen. Berühmt ist die Motte von Windsor Castle die bis heute vom Round Tower bekrönt ist, die ehrwürdigste Burganlage der englischen Monarchie die seit 1917 der Königsfamilie den Namen gab. Kopfstetten ist nur um weniges kleiner als das Pendant bei London. Fast 70 Meter beträgt der Durchmesser am Boden, die Plattform immer noch um die 30 Meter bei einer Höhe von 9 Metern was ein ungefähres Volumen von 20.000 Kubikmetern ergibt. Es wurden also fast 30.000 Tonnen Erde dafür aufgeschüttet!
In Niederösterreich heißen die Erdburgen Hausberge, da sie meist von einem „Festen Haus“ aus Stein bekrönt werden. In den Urkunden taucht diese Burg Kopfstetten erst im 13. Jahrhundert auf, doch dürfte sie schon um das Jahr 1000 entstanden sein. Mitte des 15. Jahrhunderts wird sie zerstört, doch der gewaltige Erdkegel trotz den Zeiten.
Heute befindet sich auf der Plattform eine Barockkirche aus dem Jahre 1769, geweilt dem Hl. Bartholomäus aber ursprünglich eine Wallfahrtskirche Maria Schutz. Am Fuße des Hügels wurde ein Kreuzweg angelegt, seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Kirche wieder Ziel zahlreicher Wahlfahrten aus der Umgebung. Im Inneren überrascht der Barockbau mit einem Fresko aus den 1950er Jahren, das eine dieser Wahlfahrten zeigt.
Video - Die Burg aus Erde
Autor: Günter Fuhrmann
Günter Fuhrmann stammt aus dem nördlichen Weinviertel. Er hat seine Leidenschaft für Geschichte zum Beruf gemacht und gestaltet Ausstellungen und Museen, schreibt Bücher und dreht Dokus. In der Nachfolge zur Niederösterreichischen Landessausstellung 2022 im Schloss Marchegg suchte er im Auftrag der Region Marchfeld nach Marchfeld Geheimnissen. Wir präsentieren Ihnen hier eine Auswahl davon.