Stadtgemeinde Strasshof an der Nordbahn - Ortszentrum mit Sanddüne
Strasshof an der Nordbahn ist ein faszinierender Ort mit nur scheinbar junger Geschichte. Als 1908 ein neuer Verschiebebahnhof errichtet wurde, nahm man dies zum Anlass, rund um diesen eine Gartenstadt zu planen als Entlastung für das übervölkerte Wien. Eine Denkmallokomotive, Baujahr 1941, markiert seit 1978 eines der Zentren der langgestreckten Gemeinde. Hinter der Lokomotive jedoch überrascht eine Anhöhe mit abgeflachter Spitze, heute Rodelberg genannt.
Dieser kleine Hügel war einst als „Faulhügel“ bekannt. Der Name hat als Bezeichnung einer Straße, die auf die Erhebung zuführt, bis heute überlebt. Schon in den 1840er Jahren machte man sich Gedanken, woher dieser Name stammen könnte und fand eine morbide Erklärung. Man vermeinte, hier seien tausende Opfer der Schlacht bei Wagram beigesetzt worden und ihr Verwesungsgeruch hätte dem Hügel seinen Namen gegeben.
Hinter der Denkmallokomotive verbirgt sich ein einstiger Faulhügel, nun friedlicher Rodelberg mit faszinierender Geschichte und malerischem Ausblick.
1923 wurde Strasshof zur eigenen Gemeinde, 1925 baute man in der Schulstraße die erste Volkschule. Damals wurde eine der Dünen aus Flugsand abgetragen, um Platz für das Gebäude zu schaffen. Auch die Faulhügelstraße wurde damals angelegt. Als man die Dünen abtrug, wurden zwar ein Sporn aus dem Mittelalter und ein paar Ziegel gefunden, aber keine Leichname. Damals vermutete man, dass die Dünen um das Jahr 1500 entstanden waren. Später wurden die Dünen mit Föhren bepflanzt, um sie zu befestigen.
Der Faulhügel galt sogar als höchster Berg des Marchfelds. Als rund um ihn die neue Siedlung Strasshof wuchs, setzte sich ein neuer Name durch. Bismarck-Hügel, in Erinnerung an den Kanzler Otto von Bismarck, der 1871 die deutschen Staaten durch geschickte Kriegsführung einte. Zwar hatte Bismarck 1866 das habsburgische Österreich in der Schlacht bei Königgrätz gedemütigt, aber in der nationalistisch aufgeheizten Stimmung rund um den Ersten Weltkrieg war dies kein Hindernis.
Nun hat der letzte Rest der Sanddünen eine deutlich friedlichere Bezeichnung. Als Rodelberg lädt er bei ausreichend Schnee zum Schlittenfahren ein oder man genießt von dort die Aussicht über den Ort.
Autor: Günter Fuhrmann
Günter Fuhrmann stammt aus dem nördlichen Weinviertel. Er hat seine Leidenschaft für Geschichte zum Beruf gemacht und gestaltet Ausstellungen und Museen, schreibt Bücher und dreht Dokus. In der Nachfolge zur Niederösterreichischen Landessausstellung 2022 im Schloss Marchegg suchte er im Auftrag der Region Marchfeld nach Marchfeld Geheimnissen. Wir präsentieren Ihnen hier eine Auswahl davon.